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Information der Zahnärztekammer und der KZV Hamburg

Diskussionen mit Gesundheitspolitikern zur Bundestagswahl

Fremdkapital und duales Krankenversicherungssystem im Mittelpunkt

Kammer und KZV hatten die Vertreter der politischen Parteien eingeladen, mit ihnen am 7. September und damit zeitnah zu der Bundestagswahl über die gesundheitspolitischen Forderungen der Hamburger Zahnärzteschaft zu diskutieren. Erfreulich einig waren sich die Politiker darin, dass die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens die Patientensicherheit gefährdet und einzuschränken ist. Deutliche Unterschiede gab es bei der Frage nach den Gesundheitssystemen. Anhänger des dualen Krankenversicherungssystems sowie der „Bürgerversicherung“ standen sich gegenüber. Und es ging auch um das Versorgungswerk.

Celik, Kruse, Schittek, Schneider
Das Podium war gut besetzt. Die CDU war durch ihren Direktkandidaten aus Harburg Uwe Schneider vertreten. Für die Grünen war ihre gesundheitspolitische Sprecherin Gudrun Schittek, im Hauptberuf niedergelassene Gynäkologin in Blankenese, anwesend. Für die FDP sprang für den durch Sitzungen im Bundestag gebundenen Zahnarzt Dr. Wieland Schinnenburg der Landesvorsitzende Michael Kruse ein. Die Linken waren wie auch bei den vorherigen Veranstaltungen durch ihren gesundheitspolitischen Sprecher und Direktkandidaten aus Wandsbek Deniz Celik vertreten. Für die SPD hatte sich der Direktkandidat für Mitte Falko Roßmann angesagt, der aber offenbar kurzfristig verhindert und nicht erschienen war. Ebenfalls eingeladen war die AfD, die aber erst am Mittag des Veranstaltungstags einen Vertreter benannte, was aus organisatorischen Gründen zu spät war.

Fremdkapital-MVZ
Kammerpräsident Konstantin von Laffert begrüßte Politiker und Kollegen in dem ausgebuchten Veranstaltungsraum in der AlsterCity. Durch seine souveräne und lockere Moderation gelang es ihm, den Abend inhaltsreich und kurzweilig zu gestalten und den Politikern auch einmal ein Lächeln statt konfrontativer politischer Rhetorik zu entlocken. Nach einer kurzen persönlichen und inhaltlichen Vorstellung der Politiker ging von Laffert als Erstes auf das Thema Fremdkapital-MVZ ein.

Von Laffert stellte den Politikern kurz und prägnant die zahnärztlichen Sorgen und Forderungen vor. Die jungen Kollegen stehen unter Umsatzdruck, der Patientenschutz bleibt auf der Strecke, Kammern haben keine Aufsicht über diese MVZ und drei Viertel haben ihren Sitz in Steueroasen. Er fragte die Politiker, ob sie ihm nur einen Grund nennen könnten, warum es Fremdkapital-MVZ im zahnärztlichen Bereich geben solle. Er unterstrich seine Forderung durch einen persönlichen Brief an die Anwesenden, in dem er die Probleme und den Lösungsvorschlag – Vorgaben im Zahnheilkundegesetz – ausführlicher darstellte.

Die Vertreter von CDU und FDP erklärten sofort deutlich, dass MVZ und Fremdkapital in der Zahnmedizin nicht gebraucht würden. Differenzierter äußerten sich die Vertreter von Grünen und Linken, die MVZ als nicht grundsätzlich problematisch ansahen, wohl aber die Trägerschaft und den Einfluss von Private Equity. Die Vertreterin der Grünen erklärte, dass die Möglichkeit der Niederlassung erhalten bleiben müsse, für die Linken ist Ziel die Gesundheit und nicht, Gewinne zu erwirtschaften. Weiter beklagte die Linke, dass ihr Antrag auf Transparenz über Inhaberstrukturen der Praxen im Bundestag von den anderen Parteien abgelehnt wurde.

Von Laffert zog das Fazit, dass sich die Vertreter aller Parteien einig waren, dass der Zustand nicht hinnehmbar ist, und forderte sie nachdrücklich auf, gesetzliche Schritte gegen Fremdkapital in der Zahnmedizin einzuleiten.

Duales Versicherungssystem erhalten?
KZV-Vorsitzender Dr./RO Banthien sprach das weitere wichtige Thema der Finanzierung des Versicherungssystems an. Er wies einleitend darauf hin, dass es derzeit eine Querfinanzierung gebe, da die PKV das dringend benötigte Geld für Investitionen in die Praxen bringe. Zudem verwies er darauf, dass es schon jetzt zahlreiche Zusatzversicherungen gebe.

Die Vertreterin der Grünen erklärte, dass es in der privaten Krankenversicherung auch Nachteile gebe, so bei der psychiatrischen Behandlung und Rehabilitationsmaßnahmen. Dass es Zusatzversicherungen gebe, sei nicht zu beanstanden. Der Vertreter der Linken forderte, dass alles medizinisch Erforderliche gesetzlich abgedeckt werden solle. Lediglich für kosmetische Leistungen und Chefarztbehandlungen könne er sich vorstellen, dass diese nicht gesetzlich versichert seien. Der FDP-Vertreter erklärte, dass nicht  nachzuvollziehen sei, dass den Befürwortern der „Bürgerversicherung“ die GKV als Vorbild diene, wenn diese nicht hochwertige Medizin erbringen könne und von der PKV indirekt quersubventioniert werde. Die Einbeziehung anderer Einkommensarten ergebe keinen Sinn. Auch für die CDU sind die Überlegungen von Grünen und Linken zur Finanzierung nicht nachvollziehbar. Man müsse auch immer daran denken, dass der Arzt seine Praxis finanzieren können müsse.

Versorgungswerk
Die Überlegungen von Grünen und Linken zur „Bürgerversicherung“ beziehen auch die Versorgungswerke mit ein. Anlass für den Vorsitzenden des Versorgungswerkes Dr. Helmut Pfeffer in einem überzeugenden Statement, dem keiner der anwesenden Politiker etwas entgegensetzen konnte, darzustellen, dass eine Einbeziehung der Versorgungswerke nicht nur für die freien Berufe, sondern auch die Rentenversicherung schlecht sei. Er führte aus, dass das Versorgungswerk seit fast 60 Jahren existiere und ohne Staatszuschüsse auskomme. Dagegen werde die Deutsche Rentenversicherung mit 110 Milliarden, das seien fast ein Drittel der Ausgaben, aus Steuermitteln unterstützt, die natürlich auch von den Freiberuflern erbracht würden. Die längere Lebenserwartung der Freiberufler – 19 Jahre ab dem 65. Lebensjahr gegenüber 16 Jahren der Rentenversicherten – sei ein schlechtes Geschäft für die Rentenversicherung, da sie dann drei Jahre länger in der Regel höhere Renten zahlen müsste. Es handele sich also nicht um eine wirtschaftliche, sondern um eine ideologische Forderung.

Aligner
Angesprochen wurde auch die Aligner-Problematik. Der BDK habe alle Parteien angeschrieben, leider hätten die Grünen und Linken nicht geantwortet. Auch habe es keine Reaktionen auf Anträge von FDP-Abgeordneten der Bürgerschaft von der Behörde gegeben. Ähnlich wie bei den Fremdkapital-MVZ waren sich auch hier die Vertreter aller Parteien einig, dass diese Behandlungen in die Hände von Fachleuten gehören, die derzeitige Praxis den Patienten schade und die Politik aktiv werden und die Dinge regeln müsse.

Prävention
Von den Teilnehmern wurden die Politiker weiter nach ihren Vorstellungen zur Prävention befragt. Alle waren sich einig, dass Prävention wichtig ist, und bedauerten, dass die Schuleingangsuntersuchungen in Corona-Zeiten nicht stattgefunden haben. Die Frage nach dem Zähneputzen in Ganztagsschulen nahm von Laffert auf, um den Politikern die jahrelangen umfangreichen Bemühungen der Kammer, sich bei dem Umbau der Schulen für die Schaffung von Zahnputzmöglichkeiten einzusetzen, plas-
tisch darzustellen.

Wer die Wahl hat
Einige Teilnehmer waren mit dem Ziel zu der Veranstaltung gekommen, sich Klarheit zu verschaffen, welcher Partei sie bei der Bundestagswahl ihre Stimme geben sollen. Die informative Veranstaltung sollte ihnen hilfreiche Informationen gegeben haben.