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BGH stärkt ärztliche Bewertungsportale

Zahnärzten steht kein Anspruch auf Löschung ihres Praxisprofils gegenüber Bewertungsportalen zu – BGH stärkt dieses Geschäftsmodell

Grundsätzlich müssen es Ärzte und Zahnärzte wegen des öffentlichen Interesses als Ausdruck der freien Arztwahl und der Kommunikationsfreiheit hinnehmen, dass sie in Bewertungsportalen zu finden sind. Allerdings muss die Neutralität gewahrt sein. Das hatte der BGH 2018 klargestellt und der Klage einer Hautärztin auf Löschung stattgegeben. Jameda hat daraufhin sein Geschäftsmodell mit den entsprechenden Werbeformaten für Premiumkunden umgestellt.

Mit seinen Urteilen vom 13.10.2021 (VI ZR 448/19 und VIII ZR 449/19) bestätigt der Bundesgerichtshof den Betreibern von Bewertungsportalen – hier Jameda – die Berechtigung, ohne bzw. sogar gegen den Willen von Ärzten und Zahnärzten Basisprofile einzurichten, sofern die Neutralität gewahrt bleibt. Ein Unterlassungsanspruch steht den Praxisinhabern dann nicht zu. 

Geklagt hatten in den beiden Verfahren zwei Fachzahnärzte; sie hatten bei Jameda kein kostenpflichtiges Paket gebucht und in die Aufnahme ihrer Daten in das Portal ebenso wenig eingewilligt. Sie werden daher auf dem Portal lediglich mit Angabe des Namens, der Fachrichtung, Praxisanschrift und Angabe der Telefonnummer ohne Foto geführt (sog. Basis-Profil). Ärzte, die bereit sind, für den Erwerb eines „Gold-“ oder „Platin-Pakets“ monatliche Zahlungen zu leisten, werden hingegen entsprechend privilegiert behandelt, indem deren Profile Fotos, Links auf die eigene Internetseite sowie ansprechende Gestaltungsvarianten beinhalten. Die Kläger hatten einerseits die vollständige Löschung der ihre Praxis betreffenden Daten aus der Datenbank der Bewertungsportale begehrt sowie andererseits beantragt, es zu unterlassen, der Veröffentlichung des Profils bestimmte Hinweise auf Konkurrenten, deren Spezialgebiete usw. hinzuzufügen. 

Der BGH stellte die Interessen der Parteien gegenüber und sah berechtigte Nutzerinteressen der Bewertungsportale gegenüber denen der betroffenen Ärzte als überwiegend, und damit als schützenswerte gewerbliche Tätigkeit der Portale, an: „Darüber hinaus gehört der Portalbetrieb, mit dem die Beklagte (Jameda) eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt, gerade auch in seiner Ausprägung als Geschäftsmodell“. Mit der Aufnahme von Ärzten in den Basiseintrag sei zwar eine Datenvereinbarung nach der DSGVO verbunden, jedoch wegen der überwiegenden Interessen sowohl des Portalbetreibers als auch dessen Nutzer (Patienten) nachrangig. Bewertungsportale erfüllen „eine – so der BGH - von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion“, weil auch die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran habe, zu erfahren, von wem und wo welche ärztlichen Leistungen angeboten werden. Dass persönliche Erfahrungen und subjektive Einschätzungen von Patienten für die individuelle Bewertung möglich sind, sei zu schützen (und von den Ärzten hinzunehmen). 

Das Geschäftsmodell der Bewertungsportale hat der BGH auch insoweit gestärkt, weil neben dem Basisprofil „des nicht an Jameda zahlenden Arztes“ eine Liste von Kollegen aus anderen Fachgebieten, die dort „Premiumkunden“ sind, gegenübergestellt werden darf. Lediglich unzulässig ist die Gegenüberstellung unmittelbarer Konkurrenten. Weiter für zulässig wird es angesehen, wenn Jameda bei den Basiskunden Werbung von Drittunternehmen – nicht selten für fernliegende Artikel – veröffentlicht werden. Demgegenüber finden derartige werbliche Einblendungen bei Premiumkunden nicht statt. Im Ergebnis können sich also Ärzte, die – lediglich – Basiskunden sind, nicht darauf berufen, die gleichen Rechte zu beanspruchen, wie dies bei Premiumkunden der Fall ist. Die insoweit festzustellende Ungleichbehandlung sei hinzunehmen. 

Dass die marktgängigen Bewertungsportale in Folge dieser Entscheidungen die Anzahl ihrer Premiumkunden erweitern können, dürfte anzunehmen sein. Ob dies dann tatsächlich – wie der BGH meint – im Interesse der Verbraucher liegt, erscheint indes mehr als fragwürdig. Tatsache ist, dass Ärzte zunehmend unter Druck geraten, sich mit den Profilen ihrer Praxis auf den Bewertungsportalen zu befassen. 

Sven Hennings
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
CausaConcilio Hamburg