Vor wenigen Wochen wurden die Ergebnisse der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS∙6) publiziert [1] und auf der Bundespressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert. Die Datenerhebung dieser national repräsentativen Untersuchung fand im Jahr 2023 statt. Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll die Erfolge der intensiven Präventionsarbeit der letzten Jahrzehnte, zeigen aber auch gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen auf.
Die nach langer Zeit wieder in die Erhebung eingeschlossene Altersgruppe von 8-/9-jährigen Kindern zeigt in der langfristigen Betrachtung über gut drei Jahrzehnte einen starken Kariesrückgang im Wechselgebiss. Damit belegt die DMS∙6 die Wirksamkeit der vielen Maßnahmen zur Kariesprophylaxe ab dem ersten Milchzahn. Die 12-jährgen Kinder wurden in jeder Mundgesundheitsstudie untersucht, so dass hier Vergleiche zur fünften Erhebung von 2014 gezogen werden können. Der Vergleich zeigt, dass die in dieser Altersgruppe erreichten Erfolge der Kariesprävention auf einem niedrigen Karies-Level stabil geblieben sind. Der Anteil kariesfreier Kinder beträgt 78 % (nach 81 % im Jahr 2014), die durchschnittliche Karieserfahrung jedes Kindes liegt unverändert bei 0,5 Zähnen. Gerade angesichts der in der Corona-Zeit gegebenen Phase ohne Gruppen- und Individualprophylaxe ist diese Stabilität positiv zu bewerten. Jedoch besteht unverändert ein sozialer Gradient der Karieslast mit schlechteren Werten für Kinder mit geringerem Bildungsstatus.
Für die Altersgruppe der 12-Jährigen wurde die Prävalenz der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) mit 15,3 % bestimmt. Dies ist weniger als in der vorhergehenden Erhebung, doch ist der Anteil an Kindern mit schwereren MIH-Ausprägungen wie Schmelzverlusten, atypischen Restaurationen oder MIH-bedingten Extraktionen mit 5,6 %
der Kinder gleich hoch geblieben.
Von großem Interesse sind die Ergebnisse zur Karies-erhebung in der Kohorte der 35- bis 44-jährigen Erwachsenen. Die Karieslast ist in dieser Altersgruppe in erheblichem Ausmaß rückläufig. 7 % der untersuchten Personen sind inzwischen kariesfrei und die mittlere Karieserfahrung hat nunmehr einen niedrigen Wert von 8,3 Zähnen erreicht. 2014 waren es noch 11,2 Zähne. Die hier untersuchte Altersgruppe stellt einen Querschnitt dar, der erstmalig während der Kindheit und Jugend von allen Leistungen der Gruppen- und Individualprophylaxe hat profitieren können. Die Ergebnisse zeigen daher, dass Prävention langfristig wirkt und sehr nachhaltig ist.
Dies lässt sich auch aus den Zahlen für die Senioren im Alter von 65 bis 74 Jahren ablesen. Hier ist insbesondere der Zahnverlust rückläufig, so dass die Senioren heute durchschnittlich 18,8 Zähne in Funktion aufweisen und die Zahnlosigkeit in dieser Altersgruppe auf 5 % (von 12,4 %
im Jahr 2014) gesunken ist.
Die detailliert erhobenen Parodontalbefunde weisen in der DMS∙6 hingegen eine erhebliche Krankheitslast nach. Rund 14 Mio. Menschen in Deutschland haben eine schwere Parodontalerkrankung. Hieraus errechnen sich hohe Versorgungsbedarfe. Die Bedeutung dieser Bedarfe wird dadurch unterstrichen, dass auch aus der DMS∙6 Zusammenhänge zwischen Parodontalerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen abgeleitet werden können.
Inwieweit die hohe parodontale Krankheitslast auch eine Folge des zunehmenden Zahnerhalts ist, kann nur gemutmaßt werden. Zumindest in Bezug auf die Wurzelkaries, deren Prävalenz in der Seniorenkohorte deutlich angestiegen ist, kann diese Abhängigkeit angenommen werden.
Diese und alle weiteren bislang publizierten Ergebnisse der DMS∙6, unter anderem zu Verhaltensvariablen wie Mundhygiene, Ernährung oder Rauchen sowie zu Zusammenhängen zwischen oralen Befunden und einem Migrationshintergrund, sind online frei zugänglich verfügbar [1].
Prof. Dr. Ulrich Schiffner
Zahnarzt
[1] Institut der Deutschen Zahnärzte (2025) Sixth German Oral Health Study. Quintessence Int 56 (Suppl).
https://www.quintessence-publishing.com/quintessenz/journals/issues/fulltextpdfs/qi_2025_dms_sup.pdf